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Alles nur Lärm?

Lärm führt zu Erschöpfung und Stress, es passieren Fehler. Wie Sie in Ihrem Büro den Sound herunterdrehen, aber auch für die notwendige Kommunikation sorgen, erklärt Lärmforscher Dr. Florian Schelle vom Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung.

  • Herr Dr. Schelle, was ist Lärm?

Lärm ist nicht nur das, was laut ist. In dem Begriff steckt eine persönliche Bewertung – es ist immer etwas Unerwünschtes. Wer zu einem Konzert von Metallica geht, genießt die Lautstärke. Wenn Sie meinen Vater auf ein Metallica-Konzert mitnehmen, würde er das als Lärm wahrnehmen.

Lärmforscher Dr. Florian Schelle vom Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung
Lärmforscher Dr. Florian Schelle vom Institut für Arbeitsschutz der Dt. Gesetzlichen Unfallversicherung
  • Gibt es – abgesehen vom Musikgeschmack – objektive Kriterien, wie Geräusche wahrgenommen werden?

Das hängt zunächst von zahlreichen akustischen Eigenschaften eines Geräuschs ab. Diese lassen sich messtechnisch erfassen und sind in diesem Sinne objektiv. Darüber hinaus spielt aber auch eine Rolle, ob wir das Geräusch aktiv beeinflussen können. Weiterhin gibt es Menschen, die sind geräuschempfindlicher als andere. Das ist sehr individuell.

Aber auch Umgebungsfaktoren spielen eine Rolle: Sind Sie gerade ohnehin gestresst? Müssen Sie gerade sehr viel Konzentration aufbringen? Sind die Beleuchtung oder das Klima schlecht? Solche Faktoren spielen auch eine Rolle für die persönliche Wahrnehmung von Lärm.

  • Welche Geräusche sind in Büros besonders belastend?

Hauptstörfaktor im Büro ist die sogenannte irrelevante Sprache – das sind die Gespräche anderer, die mit der eigenen Arbeit nichts zu tun haben. Es ist unheimlich schwierig, wenn jemand, der konzentriert arbeiten muss, in Hörweite einer Person sitzt, die den ganzen Tag telefoniert.

Ein anderes Problem sind Außengeräusche. Wenn ein Büro an einer dicht befahrenen Autobahn oder an einer Zugtrasse liegt und die Schalldämmung nicht ausreicht, hat das ebenfalls eine große Störwirkung.

Schwierig können auch Räume sein, die akustisch scheinbar gut ausgestattet sind, aber eine zu hohe Sprachverständlichkeit vorliegt: In diesem Fall versteht man jedes Wort – auch von den Menschen, die 15 Meter entfernt sitzen. Bei vielen löst es großes Unbehagen aus, wenn zum Beispiel bei Telefonaten die Privatsphäre fehlt.

  • Welche Folgen hat Lärm?

In Untersuchungen sehen wir, dass Menschen, die Lärm im Büro aushalten müssen, nach sechs Stunden schlagartig ermüden. Bei Menschen in ruhiger Umgebung läuft die Ermüdung kontinuierlicher und sie erreicht ein niedrigeres Niveau.

Lärmbelastung äußert sich aber nicht nur in Erschöpfung, auch die Fehlerrate nimmt zu, denn die kognitive Leistungsfähigkeit wird herabgesetzt. Ob wir wollen oder nicht: Unser Gehirn verarbeitet Geräusche und das fordert Ressourcen, die dann für andere Dinge nicht mehr da sind.

Langfristig führt Lärm zu den typischen Stresserkrankungen. Großraumbüros haben einen etwa doppelt so hohen Krankenstand wie Einzelbüros, auch die Zahl der Langzeitausfälle nimmt zu. Das ist sicher auch auf den Lärm zurückzuführen – aber nicht nur.

  • Was können Unternehmen tun?

In Deutschland gibt es immer noch den Trend zu großen Büroflächen. Wenn man Arbeitsplätze verdichtet, kann man vermeintlich Geld sparen. Der Anreiz ist nachvollziehbar, man sollte das dennoch kritisch hinterfragen.

Wenn sich Menschen gestresst fühlen, sinken Motivation und Produktivität – dieser Faktor wird häufig ausgeklammert. Ich kann den wirtschaftlichen Druck vieler Betriebe nachvollziehen. Aber wenn man das schon macht – bitte im Rahmen.

Häufig werden mehr Menschen ins Büro gesetzt als ursprünglich geplant. Das führt dazu, dass auch die besten raumakustischen Maßnahmen keine behagliche Arbeitsatmosphäre mehr schaffen. Wenn es zu voll ist, wird die Akustik auch bei bester Planung schlecht.

  • Was lässt sich in Großraumbüros verbessern?

Voraussetzung ist eine Akustikdecke zur Schalldämpfung. Gut ist es, tätigkeitsbasierte Arbeitsbereiche zu schaffen. Menschen, die hochkonzentriert arbeiten müssen, sollten nicht neben Personen sitzen, die kommunikativ arbeiten. Das lässt sich lösen durch ausgewiesene Bereiche für bestimmte Arten von Tätigkeiten, die dann akustisch passend gestaltet sind.

Wenn viel miteinander gesprochen wird, sollte die Sprachverständlichkeit gut sein. Wenn es leise sein soll, helfen akustische Stellwände. Die gibt es als Schreibtischaufsätze, deckenhohe Abschirmungen oder Raum-in-Raum-Lösungen. Und Durchgangswege sollten nicht mitten durch die Bürofläche führen – jede vorbeilaufende Person ist eine unweigerliche Ablenkung und trägt zu einer verringerten Privatsphäre bei.

  • Was halten Sie von Kopfhörern?

Musik kann helfen, in einen konzentrierten Zustand zu finden. Aber auch Musik beansprucht Ressourcen, egal wie gut sie mir gefällt. Musikhören bei der Arbeit ist für mich immer eine Flucht vor einer ungünstigen Arbeitsumgebung. Ruhe ist die ideale Voraussetzung um konzentriert zu arbeiten – und alles andere ist schlechter als das. Im Sinn des Arbeitsschutzes sind Kopfhörer im Büro der falsche Ansatz.

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