Familienfreundliche Unternehmen

Wie kann man Fachkräfte gewinnen und langfristig binden? Immer mehr Unternehmen setzen dabei auf das Thema Familienfreundlichkeit. Wie das geht, zeigt das Unternehmensprogramm "Erfolgsfaktor Familie".

Chef mit Mitarbeiterin, die ein kleines Kind auf dem Arm trägt
Noch vor wenigen Jahren tickte die Arbeitswelt in Deutschland anders: Wer im Beruf erfolgreich sein wollte, hatte kaum Zeit für die Familie. Die Organisation der Kindererziehung war selbstverständlich Privatsache. Doch die Zeiten haben sich geändert. Heutzutage ist Familienfreundlichkeit ein wichtiger Standort- und Wettbewerbsfaktor für Unternehmen. Dementsprechend hat sich das Programm "Erfolgsfaktor Familie" auf die Fahnen geschrieben, Familienfreundlichkeit zu einem Markenzeichen der deutschen Wirtschaft zu machen. Die Macher, das Bundesfamilienministerium, die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft (BDA, DIHK, ZDH) und der DGB, befassen sich hierbei mit der gesamten Bandbreite einer familienbewussten Personalpolitik. Beispielsweise geht es um familienfreundliche Arbeitszeitgestaltung und gute betriebliche Rahmenbedingungen für Eltern. Aber auch betrieblich unterstützte Kinderbetreuung und Programme zur Förderung des beruflichen Wiedereinstiegs nach der Elternzeit zählen dazu. Darüber hinaus spielt auch das Thema Pflege und damit die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege eine immer wichtigere Rolle.

Mit Familienfreundlichkeit punkten

Grafik über familienfreundliche Angebote

Betriebswirtschaftliche Vorteile

In den meisten Unternehmen stehen "nackte" Zahlen im Vordergrund betriebswirtschaftlicher Entscheidungen. Wider Erwarten kann hier eine familienfreundliche Unternehmensausrichtung vielerorts punkten. In den Beschreibungen zum Programm heben die Autoren hervor, dass der betriebswirtschaftliche Nutzen von Familienfreundlichkeit im Unternehmen zumeist die Kosten der Investitionen dafür deutlich übersteigt. U.a. können Fachkräfte einfacher und schneller gewonnen werden. Zudem sind die Mitarbeiter weniger geneigt, das Unternehmen wieder zu verlassen. Auch die Kosten, die während einer Elternzeit (etwa durch die Überbrückung bzw. Wiedereingliederung) anfallen, sind in Unternehmen, die eine familienfreundliche Ausrichtung eingeschlagen haben, geringer. Insgesamt, so wird betont, steigt die Produktivität: Das Betriebsklima ist gut, die Mitarbeiter sind hochmotiviert und einsatzbereit. Konkret zeigt sich dies etwa durch geringere und kürzere Fehlzeiten.

Das Unternehmensnetzwerk

Logo des Projekts Erfolgsfaktor Familie
Ein wesentlicher Baustein des Programms ist ein Unternehmensnetzwerk. Dieses zählt mittlerweile bundesweit rund 7.000 Mitglieder. Damit ist es hierzulande das größte Netzwerk für Arbeitgeber, die sich für eine familienbewusste Personalpolitik engagieren oder interessieren. Es bietet Unternehmen Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch, Beratung und eine umfangreiche Wissensdatenbank. Ziel des Netzwerks ist es, Unternehmen für die Notwendigkeit und den Nutzen einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu sensibilisieren. Das Engagement und die Erfahrung familienfreundlicher Unternehmen werden so stärker ins öffentliche Blickfeld gerückt. Interessierte Unternehmer finden Modelle, wie sie eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie im betrieblichen Alltag umzusetzen können. Die Mitgliedschaft im Unternehmensnetzwerk ist kostenlos und steht allen interessierten Unternehmen und Institutionen offen.

Das Förderprogramm

Über ein spezielles Förderprogramm wurden bis Mitte 2017 bestimmte Maßnahmen rund um die betriebliche Betreuung von Kindern gefördert. In diesem Rahmen gab es Fördermittel für die Schaffung neuer Betreuungsgruppen für Mitarbeiterkinder bis zum vollendeten dritten Lebensjahr, sei es in bestehenden oder neuen Einrichtungen.

Der Unternehmenswettbewerb

Flankiert wurde das Programm anfangs außerdem durch den bundesweiten Unternehmenswettbewerb "Erfolgsfaktor Familie". Hierbei zeichnete das Bundesfamilienministerium im Jahr 2016 die familienfreundlichsten Arbeitgeber Deutschlands aus. Ziel war es, gute Praxisbeispiele und innovative Konzepte bekannt zu machen und andere zum Nachmachen zu motivieren. Die Projekte der Endrundenteilnehmer und Gewinner bieten auch fast drei Jahre später anderen Unternehmen eine gute Orientierungshilfe, selbst zukunftsweisende Lösungskonzepte für die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt zu entwickeln.

Viele Wege führen zum Ziel

Das Themenspektrum der Projekte, mit denen sich die Endrundenteilnehmer des Wettbewerbs "Erfolgsfaktor Familie" im Bereich Familienfreundlichkeit profilierten, zeigt anderen worum und vor allem wie es geht.

Faktoren Familienfreundlichkeit

Arbeitszeitmodelle

Einige Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern spezielle Arbeitszeitmodelle, die sich an deren privaten Bedürfnissen orientieren. Hierzu gehören Vertrauensarbeitszeit, Homeoffice oder lebensphasenorientierte Arbeitszeit. Ebenso beliebt sind spezielle Schicht- sowie Teilzeitmodelle oder Jobsharing für Führungskräfte. Manche Unternehmen haben ihre Teilzeitmodelle speziell auf Eltern und deren zeitliche Anforderungen zugeschnitten (etwa die vier Tage Woche für Väter). Auch ein Konzept: In einigen Betrieben bekommen Eltern eine bestimmte Anzahl an Bonusurlaubstagen.

Kinderbetreuung

Gerade bei Eltern mit kleinen Kindern spielt das Thema Betreuung eine große Rolle. Betriebliche Kinderbetreuung wird daher von Eltern hochgeschätzt. Letztlich bietet sie, im Gegensatz zur externen Betreuung, vor allem die passgenaue Abstimmung von Arbeits- und Betreuungszeiten – besonders wichtig bei Schichtdienstlern oder Arbeitnehmern mit ungewöhnlichen Arbeitszeiten. So etwas bringt auch dem Arbeitgeber wesentliche Vorteile: Denn eine gute Betreuungsinfrastruktur trägt dazu bei, familienbedingte Fehlzeiten zu reduzieren und Überbrückungs- und Wiedereingliederungskosten durch kürzere Elternzeiten zu sparen. Vom Attraktivitätsgewinn beim Wettstreit um die besten Mitarbeiter einmal ganz abgesehen. Reicht es nicht für den Betrieb einer eigenen Kita, können Verbünde helfen oder vom Arbeitgeber (mit-)finanzierte Tagesmütter zum Einsatz kommen. Ist die Betreuung einmal nicht extern gewährleistet, können Eltern in einigen familienfreundlichen Betrieben dennoch zur Arbeit kommen: Familienarbeitszimmer und sogar spezielle Betreuungsprogramme für den Nachwuchs machen das möglich.

Aus- und Weiterbildungsmodelle in Teilzeit

Auch die Karriere muss nicht ins Hintertreffen geraten. Es gibt viele Beispiele von Unternehmen, die sich speziell der Förderung von Karrieren mit Kindern widmen. Einige Unternehmen suchen sogar gezielt nach Eltern als Arbeitnehmer: So wollen sie speziell junge Eltern über Ausbildungsmodelle gewinnen, die sich in Teilzeit absolvieren lassen. Und nicht zu vergessen, Kinder werden älter. Auch diesen Umstand greifen immer mehr Unternehmen auf: Sie suchen speziell nach beruflichen Wiedereinsteigern, also solchen, die die "heiße Phase" der Betreuung bereits hinter sich haben.

Auszeiten

Doch nicht nur Arbeit, sondern auch Freizeit mit Kindern ist wichtig. So gibt es Unternehmen, die über spezielle Abwesenheitsmeldungen darauf hinwirken, dass E-Mails nur während der Arbeitszeit bearbeitet werden. Letztlich stehen bei einigen Unternehmen sogar nicht nur Eltern im Fokus. Dort können auch Großeltern entsprechende Angebote wahrnehmen, um mehr Zeit mit dem Nachwuchs der Kinder zu verbringen.

Immer wichtiger: Pflege von Angehörigen

Hinzu kommt das immer mehr an Bedeutung gewinnende Thema Pflege. Hierzu bieten viele Arbeitgeber ihren Mitarbeitern notwendige Informationen. Mehr noch, manche haben speziell geschulte "Pflegebegleiter" im Einsatz, die Beschäftigten mit Pflegeaufgaben unterstützen. Wieder andere bieten den Mitarbeitern Kompetenztraining zur Pflege Angehöriger.

Den Anfang machen

Drei Händepaare liegen übereinander und vermitteln Vertrauen
Doch wie macht man ein Unternehmen familienfreundlich? Am Anfang geht es immer darum, den eigentlichen Bedarf, etwa an Kinderbetreuung oder Hilfestellung bei Pflege zu ermitteln. Gerade im Bereich der Pflege sollte hier mitberücksichtigt werden, wie sich die Altersstruktur im Unternehmen in Zukunft entwickeln wird. Ist ein solcher Bedarf erst einmal ausgemacht, muss sich das Unternehmen für das passende Modell entscheiden. Hierbei kann es helfen, Partner zu aktivieren; zudem ist es wichtig, sich über die Finanzierung Gedanken zu machen. Ist diese einmal in "trockenen Tüchern" und auch der rechtliche Rahmen abgeklärt, steht der konkreten Umsetzung eines solchen Projekts kaum noch etwas im Weg. Doch nicht immer muss das Rad neu erfunden werden. So kann das Unternehmen, etwa bei der Unterstützung von pflegenden Angehörigen, möglicherweise auf bereits Bewährtes zurückgreifen. Gibt es etwa schon Arbeitszeitmodelle für Eltern mit Kindern (z.B. flexible Arbeitszeit und Telearbeit), lassen sich diese vielleicht auch auf pflegende Angehörige übertragen. Bewährte Dienstleister aus der Kinderbetreuung haben manchmal auch Angebote für die Pflege von Angehörigen. Letztlich ist Familienfreundlichkeit auch immer eine Frage der Betriebskultur. Sind alle Mitarbeiter für die besondere Situation, in der sich Eltern oder pflegende Angehörige befinden sensibilisiert, lassen sich Probleme viel leichter beheben bzw. von Anfang an vermeiden. Information etwa durch Veranstaltungen, Plakate, Newsletter oder Beiträge im Intranet können hier den Weg ebnen.

Zum Programm

Dreh- und Angelpunkt des Programms "Erfolgsfaktor Familie" ist die Website. Dort werden konkret Erfolgsbeispiele und Erfahrungsberichte von Unternehmen vorgestellt, die mit innovativen Maßnahmen eine familienbewusste Personalpolitik praktizieren. Darüber hinaus steht in der Wissensplattform eine breite Auswahl an Praxisbeispielen, Studien und Ratgebern zu Themen wie Arbeitszeitgestaltung, familienbewusstes Führen und Personalmarketing zur Verfügung. Auf der Webseite finden interessierte Unternehmen zudem Pläne, wie sie in wenigen Schritten selbst eine betriebliche Kinderbetreuung aufbauen oder Arbeitnehmer mit zu pflegenden Angehörigen unterstützen können.

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