Im Spannungsfeld
Die Arbeitswelt fordert flexible Arbeitnehmer. Während die Höchstarbeitszeiten gesetzlich definiert sind, gibt es keine genauen Vorgaben für flexible Arbeitszeitregelungen. Einem Bericht der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zufolge sind Beschäftigte zufriedener und leistungsfähiger, wenn sie ihre Arbeitszeiten selbstbestimmt und flexibel gestalten können. Stehen dabei primär die betriebswirtschaftlichen Bedürfnisse der Unternehmen im Mittelpunkt, sind die Mitarbeiter häufig niedergeschlagener und unzufriedener.
Flexibel, aber kaum souverän Im Gegensatz hierzu stehen die Arbeitszeitmodelle, die von unternehmerischen Flexibilitätsanforderungen geprägt sind, also betriebswirtschaftliche Aspekte in den Mittelpunkt stellen. Hierbei können die Beschäftigten ihre Arbeitszeitgestaltung nicht oder kaum selber beeinflussen; vielmehr müssen sie dem Unternehmen die geforderte Flexibilität entgegen bringen – manchmal ohne Planungssicherheit, also recht kurzfristig. Zu diesen Modellen gehören etwa Kurzarbeit, Mehrarbeit aber auch Nacht- und Schichtarbeit sowie diverse Formen der Bereitschaftsdienste. Bei der ebenfalls in diese Richtung gehenden kapazitätsorientierten variablen Arbeitszeit wird die Arbeitszeit beispielsweise dem tatsächlichen Arbeitsanfall flexibel angepasst. Der so Beschäftigte muss auf Abruf des Arbeitgebers zur Verfügung stehen – da bleibt wenig Raum für Zeitsouveränität.
Wie flexibel sind deutsche Unternehmen in puncto Arbeitszeit?
Flexible Arbeitszeiten und rechtliche Vorgaben Weil zu viel Arbeit nicht gut ist, macht das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) einige klare Vorgaben zur Höchstdauer der Arbeitszeit: So sollte zum Beispiel die werktägliche Arbeitszeit im Regelfall nicht mehr als acht Stunden betragen. Rechnerisch ergeben sich hieraus 48 Wochenstunden, da das ArbZG nach wie vor von einer 6-Tage-Woche ausgeht. Als Arbeitszeit zählen übrigens auch Bereitschaftsdienste, Arbeiten für einen anderen Arbeitgeber oder selbstständige Tätigkeiten eines Beschäftigten. Werden die Vorgaben des ArbZG einmal überschritten, stellt dies in aller Regel kein Problem dar. So darf die Arbeitszeit auf bis zu 10 Stunden pro Tag ausgedehnt werden – wenn für einen entsprechenden Ausgleich gesorgt wird. Hierzu schreibt der Gesetzgeber vor, dass innerhalb eines Zeitraums von bis zu 6 Monaten oder 24 Wochen im Tagesdurchschnitt 8 Stunden und im Wochendurchschnitt 48 Stunden nicht überschritten werden dürfen. Das ist nicht gerade wenig, denn in extremen Wochen sind somit durchaus mal 60 Stunden erlaubt – vorausgesetzt, der vorgeschriebene Zeitausgleich erfolgt und weder Tarifvertrag noch Betriebsvereinbarung enthalten anderslautende Vereinbarungen. Bei Nachtarbeit ist das Gesetz strenger. Hier sind 10 Stunden täglich nur erlaubt, wenn innerhalb eines Kalendermonats oder 4 Wochen auf durchschnittlich 8 Stunden ausgeglichen wird. Wichtig: Arbeitgeber müssen die Arbeitszeit aufzeichnen (z.B. mittels elektronischer Zeiterfassung), wenn sie über die vereinbarte werktägliche Arbeitszeit hinausgeht. Außerdem kommen bei flexiblen Arbeitszeitmodellen weitere Regelungen ins Spiel. So ist stets darauf zu achten, inwieweit Mitbestimmungsrechte nach dem Betriebsverfassungsgesetz betroffen sind. So unterliegen etwa die Zeiterfassung, das Verhältnis von Mehrarbeit und Überstunden oder die Festlegung eines Ausgleichszeitraums der zwingenden Mitbestimmung des Betriebsrats. Bei Teilzeitarbeit müssen die Beteiligten das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) im Auge haben. Dieses regelt nicht nur den grundsätzlichen Anspruch der Arbeitnehmer auf Teilzeitarbeit, sondern auch Eckpunkte, wie diese Arbeitsverhältnisse auszugestalten sind und wie mit Weihnachtsgeld oder Urlaub zu verfahren ist. Vielerorts kommen ggf. zusätzlich spezielle Tarifverträge zur Teilzeit zum Tragen. Das TzBfG enthält im Übrigen auch Regelungen zum Jobsharing. Beispielsweise ist es nicht erlaubt, jemanden zu kündigen, nur weil das Beschäftigungsverhältnis des Sharingpartners endet.
Arbeitszeitkonten Bei flexibler Arbeitszeitgestaltung geht es inhaltlich insbesondere um die Dauer, die Lage und die Verteilung der Arbeitszeit. Je flexibler die Ausgestaltung der Arbeitszeiten, desto wichtiger ist es, die Arbeitszeiten konkret nachzuhalten und abzurechnen. Voraussetzung hierfür bilden Arbeitszeitkonten – mit klaren Vorgaben für Zeitguthaben und Zeitschulden sowie die dazu erforderlichen Ausgleiche. Außerdem muss für den Fall der Insolvenz oder sonstigen Störungen des Arbeitsverhältnisses für einen Ausgleich und die Absicherung der Zeitguthaben gesorgt werden. Gemeinsam zum Ziel Letztlich sind es höchst unterschiedliche Beweggründe, warum in Unternehmen flexible Arbeitszeiten eingeführt werden. So schaffen bestimmte Modelle Wettbewerbsvorteile, weil die Unternehmen ihre Betriebs- und Servicezeiten optimieren können. Zudem werden Arbeitgeber für Mitarbeiter und Bewerber attraktiver, wenn sie Arbeitszeitmodelle anbieten, die ein hohes Maß an Zeitsouveränität einräumen. Insgesamt ist es ratsam, die individuellen Bedürfnisse der Beteiligten auszuloten und so die für Unternehmen und Mitarbeiter beste Lösung zu finden.
Download-Tipps
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Kostenlose Broschüren
- Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hält zur Thematik eine kostenlose Broschüre Fachkräfte sichern - Flexible Arbeitszeitmodelle bereit. Diese verschafft einen guten Überblick über die diversen Modelle und ihre individuellen Vor- und Nachteile. Ein weiterer Tipp ist die kostenlose Broschüre Flexible Arbeitszeitenmodelle - Überblick und Umsetzung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Diese bietet viele Erklärungen, Beispiele und Handlungsanleitungen auch im Zusammenspiel von Arbeitszeitflexibilisierung und Wohlbefinden.
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