Bildungsurlaub
Wenn sich Arbeitnehmer weiterbilden, können sie dafür vielerorts rund eine Woche pro Jahr bezahlten Urlaub bekommen. Da dieser der Bildung und nicht der Erholung dient, gibt es die Tage quasi obendrauf. Wichtig ist nur, dass jemand eine anerkannte Bildungsmaßnahme besucht – das Thema kann meist frei gewählt werden.
Bereits im Jahr 1974 hat sich die Bundesrepublik verpflichtet, einen bezahlten Bildungsurlaub einzuführen. Diese Verpflichtung ging auf eine Forderung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zurück. Weil Bildung in Deutschland Ländersache ist, haben die meisten Bundesländer seither den Bildungsurlaub (beziehungsweise Bildungszeit oder Bildungsfreistellung) in Eigenregie geregelt und entsprechende Gesetze erlassen. Ausnahme: Bayern und Sachsen – dort gibt es bis heute keine solchen Vorschriften. Bildungsurlaub ist hier Verhandlungssache.
Freistellung zur Bildung
Bei dieser Art von Urlaub nehmen Arbeitnehmer an einer anerkannten Bildungsveranstaltung teil und werden dafür von ihrem Arbeitgeber bezahlt von der Arbeit freigestellt. Der Unterschied zur betrieblichen Weiterbildung: Die Veranstaltung kann auch fachfremd sein, also etwa allgemeine politische Bildung oder das Vertiefen einer Fremdsprache zum Inhalt haben.
Beispiele:
- Drei Tage Berlin mit ganztätigen Veranstaltungen zur politischen Bildung.
- Einwöchiger Kurs zur Work-Life-Balance auf Juist.
- 4 Tage Rhetorik-Seminar bei der örtlichen Volkshochschule.
Auch längere Bildungsreisen oder Kurse sind denkbar. Denn manche Länder gewähren generell bis zu zehn arbeitsfreie Tage am Stück innerhalb von zwei Jahren. Andere erlauben es, nicht genutzten Bildungsurlaub mit dem des Folgejahrs zu koppeln.
Ausgleich für Arbeitgeber
Für die Aufwände rund um die Freistellung ist in einigen Ländern, etwa in Rheinland-Pfalz, ein gewisser Ausgleich für Arbeitgeber vorgesehen. Doch die Details sind regional sehr unterschiedlich – hier lohnt ein Blick ins jeweilige Landesrecht (siehe unten).
Eigenanteil für Arbeitnehmer
Die Kosten der Maßnahme trägt in der Regel der Arbeitnehmer. Je nach Thema oder Veranstalter kann es auch vorkommen, dass zum Beispiel Regierungsorganisationen, Gewerkschaften oder Parteien einen gewissen Teil übernehmen. Und, erfüllt eine Maßnahme die entsprechenden Kriterien, kann die Gebühr auch staatlich bezuschusst werden (Bildungsscheck etc.).
Sonderfall: Im Saarland müssen Arbeitnehmer zur Hälfte eigene Freizeit einbringen, wenn sie länger als drei Tage in Bildungsurlaub gehen.
Der Arbeitsort entscheidet
Nach welchen landesrechtlichen Vorschriften sich der Bildungsurlaub richtet, hängt davon ab, wo der Arbeitgeber ansässig ist. Der Wohnort des Arbeitnehmers spielt also keine Rolle.
Beispiele:
- Ein Bayer arbeitet in Hessen: Es gilt das Recht Hessens; somit hat der Arbeitnehmer Anspruch auf fünf Tage Bildungsurlaub jährlich.
- Ein Hesse arbeitet in Sachsen: Es gilt das Recht Sachsens; der Arbeitnehmer hat somit keinen Anspruch auf Bildungsurlaub.
Weiterbildung bringt weiter
Vorab zu klären
Am besten funktioniert es mit dem Bildungsurlaub, wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer vorab über die Eckpunkte verständigen. In bestimmten Fällen kann der Arbeitgeber den Bildungsurlaub ablehnen.
Berechtigte Ablehnungsgründe sind beispielsweise nicht eingehaltene Fristen oder zwingende betriebliche Gründe wie Unabkömmlichkeit vom Arbeitsplatz zum beantragten Zeitpunkt. Einige Bundesländer haben auch Schutzklauseln für Kleinunternehmen – danach dürfen bestimmte Quoten an Arbeitnehmern in Bildungsurlaub nicht überschritten werden.
Anerkannte Seminare wählen
Arbeitnehmer sollten darauf achten, ein Seminar zu wählen, das nach Landesrecht anerkannt ist.
Beispiel: Ein Arbeitnehmer in NRW möchte einen einwöchigen Sprachkurs auf Mallorca absolvieren.
Das Landesrecht bestimmt, dass der Seminarort nicht weiter als 500 Kilometer von der Landesgrenze entfernt sein darf. Daher ist dieses Seminar nicht zulässig.
Tipp: Über die unter "Übersicht" verlinkten Länderseiten kommen Sie auch auf entsprechende Seminardatenbanken. Dort können Sie gezielt nach regional anerkannten Seminaren suchen.
Antrag stellen
Nach der verbindlichen Anmeldung beim Seminaranbieter muss der offizielle Antrag beim Arbeitgeber erfolgen. Das sollte in der Regel vier bis sechs Wochen (siehe Landesrecht) vor dem Seminar der Fall sein.
Mit dazu gehören:
- Anschreiben
- Anmeldebescheinigung
- Anerkennungsbescheid
- Ablaufplan
Hat alles funktioniert und der Arbeitnehmer konnte am Bildungsurlaub teilnehmen, muss er seinem Arbeitgeber im Anschluss die Teilnahmebescheinigung des Veranstalters einreichen.
Win-win-Situation für alle Beteiligten
Beim Bildungsurlaub handelt es sich um eine Win-win-Situation für Arbeitnehmer und -geber, da beide Seiten vom Know-how-Zuwachs profitieren. Dem Unternehmen steht das neu erworbene Wissen des Arbeitnehmers im Arbeitsalltag zur Verfügung; dieser wiederum ist für die aktuellen und zukünftigen Aufgaben besser gerüstet.
Landespezifischer Anspruch auf Bildungsurlaub
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Baden-Württemberg
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Arbeitnehmer: 5 Tage pro Kalenderjahr (Arbeitnehmer).
Auszubildende: 5 Tage während der Ausbildung; auch Studierende der Dualen Hochschule Baden-Württemberg haben während der gesamten Studienzeit einen Anspruch auf fünf Tage Bildungszeit.
Informationen zum gesetzlich geregelten Anspruch auf Bildungsurlaub in Baden-Württemberg gibt es hier.
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Bayern
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Kein gesetzlich geregelter Anspruch auf Bildungsurlaub.
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Berlin
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10 Tage innerhalb von 2 aufeinander folgenden Kalenderjahren. Jüngere Arbeitnehmer (unter 25) bekommen 10 Tage pro Kalenderjahr.
Informationen zum gesetzlich geregelten Anspruch auf Bildungsurlaub in Berlin gibt es hier.
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Brandenburg
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Arbeitnehmer/Auszubildende: 10 Tage innerhalb von 2 Kalenderjahren.
Informationen zum gesetzlich geregelten Anspruch auf Bildungsurlaub in Brandenburg gibt es hier.
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Bremen
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Arbeitnehmer/Auszubildende: 10 Tage innerhalb von 2 Kalenderjahren.
Informationen zum gesetzlich geregelten Anspruch auf Bildungsurlaub in Bremen gibt es hier.
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Hamburg
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Arbeitnehmer/Auszubildende: 10 Tage innerhalb von 2 Kalenderjahren.
Informationen zum gesetzlich geregelten Anspruch auf Bildungsurlaub in Hamburg gibt es hier.
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Hessen
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Arbeitnehmer/Auszubildende: 5 Tage pro Kalenderjahr.
Informationen zum gesetzlich geregelten Anspruch auf Bildungsurlaub in Hessen gibt es hier.
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Mecklenburg-Vorpommern
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Arbeitnehmer: 5 Tage pro Kalenderjahr.
Auszubildende: 5 Tage während der Ausbildung.
Informationen zum gesetzlich geregelten Anspruch auf Bildungsurlaub in Mecklenburg-Vorpommern gibt es hier.
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Niedersachsen
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Arbeitnehmer/Auszubildende: 5 Tage pro Kalenderjahr.
Informationen zum gesetzlich geregelten Anspruch auf Bildungsurlaub in Niedersachsen gibt es hier.
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Nordrhein-Westfalen
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Arbeitnehmer: 5 Tage pro Kalenderjahr.
Auszubildende: 5 Tage während der Ausbildung.
Informationen zum gesetzlich geregelten Anspruch auf Bildungsurlaub in NRW gibt es hier.
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Rheinland-Pfalz
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Arbeitnehmer: 10 Tage innerhalb von 2 Kalenderjahren.
Auszubildende: 5 Tage pro Ausbildungsjahr.
Informationen zum gesetzlich geregelten Anspruch auf Bildungsurlaub in Rheinland-Pfalz gibt es hier.
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Saarland
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Arbeitnehmer/Auszubildende: 6 Tage pro Kalenderjahr. Ab dem 3. Tag muss der Arbeitnehmer die Hälfte der Zeit als Eigenanteil einbringen, zum Beispiel über Überstunden, Urlaub oder arbeitsfreie Wochenenden.
Beispiel: Dauert das Seminar 4 Tage, wird der Mitarbeiter 3 Tage freigestellt und muss 1 Tag arbeitsfreie Zeit dazusteuern.
Informationen zum gesetzlich geregelten Anspruch auf Bildungsurlaub im Saarland gibt es hier.
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Sachsen
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Kein gesetzlich geregelter Anspruch auf Bildungsurlaub.
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Sachsen-Anhalt
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Arbeitnehmer/Auszubildende: 5 Tage pro Kalenderjahr.
Informationen zum gesetzlich geregelten Anspruch auf Bildungsurlaub in Sachsen-Anhalt gibt es hier.
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Schleswig-Holstein
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Arbeitnehmer/Auszubildende: 5 Tage pro Kalenderjahr.
Informationen zum gesetzlich geregelten Anspruch auf Bildungsurlaub in Schleswig-Holstein gibt es hier.
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Thüringen
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Arbeitnehmer: 5 Tage pro Kalenderjahr.
Auszubildende: 3 Tage pro Kalenderjahr.
Informationen zum gesetzlich geregelten Anspruch auf Bildungsurlaub in Thüringen gibt es hier.
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