Betriebliches Eingliederungsmanagement
Nach einer langen Krankheit wollen viele Beschäftigte beruflich wieder durchstarten. Von null auf hundert klappt das aber in der Regel nicht. Wir erklären, wie Ihre Mitarbeiter mit dem Hamburger Modell oder dem Betrieblichen Eingliederungsmanagement den Weg zurück in den Betrieb finden.
Krankheiten oder Unfälle können Mitarbeiter für lange Zeit schachmatt setzen. Das Thema Arbeit ist dann erst einmal weit weg. Verläuft die Krebs-Therapie gut oder ist der Patient nach einer Depression auf dem Weg der Besserung, wollen viele möglichst schnell zurück in ihren Job.
Wie das klappen kann und was Betriebe beachten sollten, erklärt Antje Cwiklinski Expertin bei der mkk für das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM).
Wie kommen Mitarbeiter, die lange Zeit ausgefallen sind, zurück in den Job?
Es gibt verschiedene Varianten. Ein richtig gutes Instrument ist das Hamburger Modell, bei dem Mitarbeiter stufenweise in ihren Job zurückkehren. Der Arzt entwickelt einen Plan, zu welchem Zeitpunkt der Erkrankte mit wie vielen Stunden wieder einsteigt. Die Stundenzahl wird Schritt für Schritt gesteigert, insgesamt kann der Wiedereinstieg mehrere Wochen dauern.
Welche Vorteile bringt das Hamburger Modell für Arbeitgeber?
Das Hamburger Modell ist eine Win-win-Lösung. Denn die Mitarbeiter können behutsam in die Anforderungen hineinwachsen und die Betriebe bekommen eine Arbeitsleistung, für die sie nicht aufkommen müssen – denn die Krankenkasse zahlt weiterhin Krankengeld. Das Hamburger Modell kann aber in sehr kleinen Betrieben mit maximal fünf Mitarbeitern schwierig sein: Wenn der Bäcker ausgefallen ist, nutzt dem kleinen Handwerksbetrieb eine Unterstützung von zwei Stunden pro Schicht wenig. Wenn der Dachdecker für drei Stunden pro Tag arbeiten darf und die Baustelle 100 Kilometer entfernt ist, geht die Rechnung auch nicht auf. Aus organisatorischen Gründen können die Betriebe das Modell also ablehnen – manchmal passt es einfach nicht.
Gibt es in einem solchen Fall andere Optionen?
Ja, dann prüft der Arbeitgeber im Rahmen des BEM, ob der Mitarbeiter andere Aufgaben im Betrieb übernehmen kann. Vielleicht kann der Bäcker Waren ausliefern statt Teig zu kneten? Oder der Dachdecker räumt das Materiallager auf statt Schindeln zu verlegen? In manchen Fällen finden sich aber außerhalb des eigenen Arbeitsplatzes keine anderen Einsatzfelder. Dann würde der Arzt den Mitarbeiter so lange krankschreiben, bis er mit voller Kraft auf seinen Arbeitsplatz zurückkommen kann.
Müssen die Kassen dem Hamburger Modell bzw. der Wiedereingliederung zustimmen?
Ja, so ist es. Das tun wir aber natürlich gerne. Beide Modelle sind wirklich gute Instrumente, um schonend zurück in den Beruf zu finden und neues Selbstvertrauen aufzubauen.
Wie unterstützen Sie Arbeitgeber?
Der Arbeitgeberservice der mkk berät zu Themen wie Aufbau eines BEM, psychische Gesundheit im Arbeitsleben oder Prävention. Wenn Mitarbeiter nach langer Krankheit wieder einsteigen, haben Arbeitgeber oft viele Fragen: Welches Arbeitspensum ist für einen Mitarbeiter mit einer psychischen Erkrankung zumutbar? Wie muss der Arbeitsplatz für den Kollegen mit Bandscheibenvorfall angepasst werden? Sprechen Sie uns bei solchen Themen gerne an. Wir holen die Berufsgenossenschaften mit ins Boot, die viel Know-how in den verschiedenen Branchen haben.
Was ist denn nach Ihrer Erfahrung häufig Knackpunkt, wenn Menschen nach langer Krankheit wieder arbeiten?
Es passiert oft, dass Menschen auch nach schweren Krankheiten schnellstmöglich in ihren Beruf zurückwollen. Sie starten häufig voller Euphorie und verzweifeln nach vierzehn Tagen an den kleinsten Dingen. Und dann stellt man fest, dass es einfach zu früh war. So eine Krankheit macht etwas mit einem, oft auch mental. Es ist deshalb wichtig, geduldig mit sich zu sein und der Genesung ihre Zeit zu geben. Wann der richtige Zeitpunkt für den Neustart ist, sollten Beschäftigte und Arzt gut verabreden. Eine gut etabliertes BEM ist hierbei wichtig und zeigt, dass die Wiedereingliederung Chefsache ist.
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